In den nachfolgenden FAQ gehen wir auf den für Verbraucherinnen und Verbraucher relevanten Paragrafen 9 EWKG ein. Dieser behandelt die „Nutzungspflicht von Erneuerbaren Energien in der Wärme- und Kälteversorgung für beheizte Wohn- und Nichtwohngebäude im Gebäudebestand“. Am 17. November 2022 ist nun auch die dazugehörige Verordnung veröffentlicht worden, die seit dem 18. November gilt. Zusätzliche Informationen finden Sie auch auf der Seite des Landes Schleswig-Holstein.
- Wozu werde ich verpflichtet?
Wenn ab dem 1. Juli 2022 im eigenen Haus die Heizungsanlage ausgetauscht oder nachträglich eingebaut wird, müssen anschließend mindestens 15 Prozent des jährlichen Wärme- und Kälteenergiebedarfs durch Erneuerbare Energien gedeckt werden.
Eine funktionsfähige, bestehende Heizungsanlage muss nicht getauscht werden, es sei denn bundesrechtliche Vorgaben greifen, z.B. das Betriebsverbot für über 30 Jahre alte Heizkessel, die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickt werden (gem. § 72 GEG).
- Für wen gilt die Pflicht?
Die Pflicht gilt für Eigentümer von beheizten Gebäuden, die vor dem 1. Januar 2009 errichtet wurden. Wird das Gebäude verkauft, bevor die Pflicht erfüllt wurde, geht die Nutzungspflicht auf den neuen Eigentümer über.
Für Eigentümer von Wohnungen mit fossilbetriebenen Etagenheizungen gilt die Pflicht nur, wenn alle Etagenheizungen durch ein neues zentrales Heizsystem ersetzt werden.
- Ab wann gilt die Pflicht?
Die Pflicht gilt ab dem 1. Juli 2022.
Für Heizungsanlagen, die mit fossilen Energien betrieben werden und die vor dem 1. Juli 2022 mit einem zivilrechtlichen Vertrag verbindlich bestellt oder in Auftrag gegeben, aber noch nicht eingebaut wurden, gibt es einen Übergangszeitraum. Die Anlage muss innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung der Durchführungsverordnung zum §9 EWKG installiert werden und betriebsbereit sein. Die Verordnung wurde am 17. November 2022 veröffentlicht und tritt zum 18. November in Kraft. Der Einbau muss dementsprechend bis zum 18. Mai 2023 erfolgen.
- Was wird als Erneuerbare Energie anerkannt?
Solare Strahlungsenergie, Geothermie und Umweltwärme werden als Erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung anerkannt. Biomasse (fest, flüssig und gasförmig) gehört ebenso dazu, sofern sie direkt für die Wärmeversorgung genutzt wird und dies nicht über die Umwandlung in Strom geschieht.
- Mit welchen Technologien kann ich die Nutzungspflicht erfüllen?
Das Gesetz legt neben den oben genannten Möglichkeiten Ersatzmaßnahmen fest:
- Die komplette Wärmeversorgung über eine Wärmepumpe erfüllt die Nutzungspflicht.
- Solarthermische Anlagen müssen in Abhängigkeit von den zu versorgenden Wohneinheiten eine bestimmte Größe besitzen. Bei Wohngebäuden mit höchstens zwei Wohnungen muss die Aperturfläche, also der glasbesetzte Außenbereich eines Solarkollektors 0,05 Quadratmeter je Quadratmeter Wohnfläche betragen, bei Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohnungen 0,04 Quadratmeter je Quadratmeter Wohnfläche. Bei Nutzung des pauschalen Nachweises für Solarthermie ist keine anteilige Anrechnung erforderlich.
- Der Anschluss an ein Wärmenetz wird anerkannt, sofern dieses Netz zu 15 Prozent durch Erneuerbare Energien beheizt wird. Alternativ wird die Pflicht erfüllt, wenn ein Fahrplan für das Wärmenetz vorliegt, wie es zukünftig mit grüner Wärme betrieben wird oder es einen Primärenergiefaktor von 0,7 aufweist.
- Verbraucher können auch einen Vertrag beispielsweise über die Belieferung mit Biogas, Biomethan, Grünem Wasserstoff oder ähnlichem für die Wärmeversorgung vorlegen, der 15 Prozent erneuerbare Energie abdeckt.
- Ist die Kombination mehrerer Technologien erlaubt?
Die Kombination mehrerer Technologien wird ausdrücklich erlaubt. Dabei trägt auch die Vorlage eines individuellen energetischen Sanierungsfahrplans zu einem Drittel zur Erfüllung der Pflicht bei.
Die Berechnung zur Erfüllung der Nutzungspflicht bei Kombinationen ist kompliziert. Welche Anforderungen dabei gelten, klärt zumindest teilweise die Durchführungsverordnung zum §9 EWKG, die zum 18. November 2022 in Kraft getreten ist. Insgesamt muss die Summe der prozentualen Anteile aus der tatsächlichen Nutzung der einzelnen Maßnahmen die Nutzungspflicht erfüllen.
- Kann ich meine Photovoltaik-Anlage dazu nutzen?
Die Photovoltaik-Anlage selbst gilt nicht als Ersatzmaßnahme. Allerdings kann darüber die Pflicht erfüllt werden, wenn mit dem daraus gewonnenen Strom zu mindestens 15 % eine Stromdirektheizung betrieben wird. Stromdirektheizungen im Sinne des EWKG sind solche, wie sie in § 3 Absatz 1 Nummer 29 des Gebäudeenergiegesetzes festgelegt werden.
Darüber hinaus kann auch durch die Nutzung einer Wärmepumpe die Pflicht erfüllt werden. Mit welchem Strom die Wärmepumpe betrieben wird, spielt dabei keine Rolle.
- Kann ich mit einer Wärmedämmung für mein Gebäude die Pflicht erfüllen?
Der bauliche Wärmeschutz (z.B. durch Dämmung der Wände, des Daches oder neue Fenster) stellt keine Maßnahme zur Erfüllung des § 9 EWKG dar.
Im Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist festgelegt, welche energetischen Anforderungen beheizte und klimatisierte Gebäude erfüllen müssen. Eigentümer von Bestandsgebäuden müssen bestimmte Nachrüst- und Austauschpflichten erfüllen. Wenn Bauteile als freiwillige Maßnahme verändert oder modernisieret werden sollen, gibt das GEG Mindeststandards vor, die durch die bauliche Veränderung erreicht werden müssen. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
- Gibt es Ausnahmen?
Sofern die Umsetzung aus technischen oder baulichen Gründen nicht möglich ist, ein unverhältnismäßiger Aufwand entsteht (unbillige Härte) oder eine besonders erhaltenswerte Bausubstanz vorliegt, kann die Nutzungspflicht entfallen. Ebenso wenn ein Widerspruch zu anderen öffentlich-rechtlichen Pflichten vorliegt. Das Vorgehen in solchen Fällen wird voraussichtlich in der angekündigten Durchführungsverordnung geregelt.
Die Pflicht zur Nutzung Erneuerbarer Energien wird zudem nicht für Etagenheizungen angewendet.
- Ich habe eine Etagenheizung, was bedeutet die Nutzungspflicht für mich?
Wenn die Wärmeversorgung eines Gebäudes statt durch Etagenheizungen zukünftig durch eine neue zentrale Heizungsanlage für das gesamte Gebäude betrieben wird, müssen nach diesem Gesetz ebenfalls 15 % Erneuerbare Energien eingesetzt werden.
Bleiben die Etagenheizungen erhalten, gilt die Pflicht zur Nutzung Erneuerbarer Energien für die Etagenheizungen nicht. Das hängt mit deren baulichen Besonderheiten zusammen sowie mit den Regelungen zu Wohnungseigentümergemeinschaften.
- Was muss ich bei der Umsetzung beachten?
Steht der Austausch oder nachträgliche Einbau einer Heizungsanlage an, müssen Verbraucher ihre Bezirksschornsteinfeger informieren. Diese überwachen und überprüfen auch die Umsetzung der durchgeführten Maßnahmen, die spätestens 12 Monate nach Inbetriebnahme nachzuweisen sind.
Den Bezirksschornsteinfegern sind auch die Lieferverträge über Erneuerbare Energien sowie der individuelle Sanierungsfahrplan vorzulegen.
- Wer kontrolliert die Umsetzung?
Für die Überwachung und Überprüfung der Maßnahmen sind die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger zuständig. Diese leiten die Ergebnisse an die Kreisordnungsbehörden weiter. Das sind Landräte bzw. Bürgermeister der kreisfreien Städte.
- Ist es sinnvoll, jetzt noch schnell eine neue Gastherme einbauen zu lassen?
Das hängt von der individuellen Situation und der Einschätzung aktueller Entwicklungen ab. Fest steht: Die Nutzung von Öl und Gas wird in den kommenden Jahren teurer. Die Nutzung Erneuerbarer Energien hilft, die Heizkosten zu stabilisieren. Ein Anteil von 15 Prozent bildet dabei nur die untere Schwelle. Die neue Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag bereits auf einen Anteil von 65 Prozent Erneuerbare Energien für neu eingebaute Heizungen ab 2025 geeinigt.
- Was mache ich, wenn ich bereits eine neue Heizung bestellt habe?
Wer sich vor dem 01.07.2022 noch für die Anschaffung einer Gas- oder Ölheizung entscheidet, sollte mit seinem Installateur eine Vereinbarung schließen, die bei nicht termingerechtem Einbau einen Rücktritt von dem Auftrag beinhaltet. Als Termin ist spätestens das Datum sechs Monate nach Veröffentlichung der Durchführungsverordnung festzulegen. Mögliche Schadensersatzforderungen, beispielsweise Zusatzkosten durch die Beauftragung anderer Handwerker, sind durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen.
Die Verordnung wurde am 17. November 2022 veröffentlicht und tritt zum 18. November in Kraft. Der Einbau muss dementsprechend bis zum 18. Mai 2023 erfolgen.
- Wie plane ich eine energetische Sanierung richtig, damit sie sich auszahlt?
Bei der Heizungserneuerung sollte die Sanierung des Gebäudes mitgedacht werden. Wenn mit der neuen Heizung weniger Energie verbraucht wird, kommen Wärmelösungen in Betracht, die einen höheren Anteil Erneuerbarer Energie und damit eine nachhaltige Investition ermöglichen. Bei diesen Fragen hilft die bundesgeförderte Energieberatung der Verbraucherzentrale mit ihrem umfangreichen Angebot weiter. Die kostenlose Beratung findet per Video, telefonisch oder in einem persönlichen Gespräch statt. Unsere Energie-Fachleute beraten anbieterunabhängig und individuell. Mehr Informationen und Beratungstermine gibt es auf www.verbraucherzentrale.sh/energieberatung oder unter 0431 – 590 99 40.
- Kompakte Informationsbroschüre zum Download
Die Broschüre "Heizungserneuerung & Erneuerbare Energien - Pflichten und Möglichkeiten" informiert über die Rahmenbedingungen, die durch das Energiewende- und Klimaschutzgesetz Schleswig-Holstein (EWKG) für Verbrauchende wichtig sind.
Die Broschüre können Sie sich hier herunterladen.
- Wo finde ich die notwendigen Formulare?
Zur Anzeige und für den Nachweis der Pflicht nach §9 EWKG sowie zum Entfallen der Pflicht hat das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur Formulare zur Verfügung gestellt. Diese finden Sie auf der nachfolgenden Seite in der rechten Spalte.