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Goji-Beeren in Kapseln – Wirkung nicht bewiesen

Stand:
Goji-Beeren werden als Superbeeren angepriesen. Allerdings sollte bei der Verwendung auf einiges geachtet werden.
Goji

Das Wichtigste in Kürze:
Vorsicht, Wechselwirkungen möglich!

  • Die oft als „Superfood“ vermarkteten Goji-Beeren sind reich an Vitamin C und Calcium – pro 100 Gramm. Durch eine übliche Verzehrmenge von knapp 25 g (mit ca. 100 kcal) relativiert sich das jedoch.
  • Die Zusammensetzung Goji-haltiger Nahrungsergänzungsmittel ist oft nicht bekannt und die Wirkung ist nicht nachgewiesen.
  • Goji-Produkte können mit Pestiziden belastet sein.
  • Vorsicht ist bei der Einnahme von Medikamenten geboten, da gefährliche Wechselwirkungen möglich sind.
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Was steckt hinter der Werbung zu Goji-Beeren?

Die Verwendung von Goji stammt aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), doch mit dieser haben die meisten hier angebotenen Produkte überhaupt nichts gemein.

Bei uns werden getrocknete Goji-Beeren, Goji-Pulver oder Goji-Kapseln gerne als wahre Gesundheits- und Anti-Aging-Sensation angepriesen. Angeblich spenden sie Energie, unterstützen das Herz-Kreislauf-System, stärken das Immunsystem, helfen bei Bluthochdruck sowie Schlafproblemen, bieten optimalen Zellschutz, neutralisieren Schäden durch freie Radikale und stehen "im ewigen Kampf gegen zu frühes Altern durch Stress und Umwelteinflüsse" bei. Zudem sollen sie auch bei Erkrankungen des Auges, wie beispielsweise der Makuladegeneration, helfen.

Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat die dazu eingereichten Studien überprüft und bei sämtlichen für Goji (im Englischen Wolfberry) beantragten gesundheitsbezogenen Aussagen festgestellt, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Behauptungen und der Einnahme von Goji-Beeren besteht. Jegliche gesundheitsbezogene Aussage ist daher verboten. Bei Nahrungsergänzungsmitteln, denen weitere Vitamine zugesetzt sind, beziehen sich vorhandene Aussagen nicht auf Goji, sondern auf die zugesetzten Mikronährstoffe.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Goji-Beeren achten?

  • (Getrocknete) Goji-Beeren: Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt es trotz bestehender Unklarheiten keine Gründe, dass gesunde Personen den Verzehr von Goji-Beeren einschränken sollten – abgesehen vom hohen Zuckergehalt (46 g pro 100 g). Zwar fehlen dem üblichen Standard entsprechende toxikologische Untersuchungen, aber es gibt aktuell auch keinerlei Hinweise auf schädliche Wirkungen beim Menschen. Für Risikogruppen (Kinder, Schwangere) sind keine Daten vorhanden.
     
  • Achten Sie darauf, dass vor allem Goji-Beeren, die aus China stammen, auf Schadstoffe (Pflanzenschutzmittel, Schimmelpilzgifte wie Aflatoxine und Ochratoxin A, Schwermetalle) kontrolliert sind. Hierbei hilft die Angabe „DIN EN ISO 9001“. Diese im Qualitätsmanagement verbreitetste Norm legt die Mindestanforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem fest. Es begleitet alle wesentlichen betrieblichen Prozesse und stellt diese auf den Prüfstand, u. a. um die Anforderungen der Kunden und die jeweiligen gesetzlichen und behördlichen Vorgaben zu erfüllen. Fragen Sie ruhig auch beim Hersteller nach.
     
  • Goji-haltige Nahrungsergänzungsmittel: Zu unerwünschten Wirkungen sind derzeit keine Aussagen möglich, da Standards für die Zubereitung des Pflanzenextrakts fehlen und keine toxikologischen Untersuchungen zu den einzelnen Produkten vorliegen. Das gilt insbesondere für die Langzeitsicherheit. Wenn Sie trotzdem Goji-haltige Nahrungsergänzungsmittel verwenden möchten, sollten Sie auf jeden Fall die Verzehrempfehlung des Herstellers beachten. Dieser ist solange für die Sicherheit des Produkts verantwortlich, wie Sie die Empfehlungen berücksichtigen.
     
  • Sie sollten aber vorsichtig sein, wenn Sie regelmäßig Medikamente nehmen. Es gibt eine Warnung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor gefährlichen Wechselwirkungen mit bestimmten "blutverdünnenden" (gerinnungshemmenden) Medikamenten (Vitamin K-Antagonisten) wie Phenprocoumon (Marcumar®) und Warfarin (Coumadin®). Goji-Beeren scheinen den Abbau dieser Medikamente im Körper zu blockieren, so dass es zu einer gefährlichen Wirkstoffanreicherung und verstärkter Blutungsneigung kommen kann. Personen, die diese Medikamente einnehmen, sollten unbedingt auf Goji-Beeren in jeglicher Form (getrocknete Früchte, Saft, Marmelade, Tee, Nahrungsergänzungsmittel) verzichten.

Was ist Goji?

Die Goji-Beere wächst am Gemeinen Bocksdorn (Lycium barbarum), auch Gemeiner Teufelszwirn oder Chinesische Wolfsbeere genannt. In China heißt das Nachtschattengewächs Níngxià gǒuqǐ, im englischen Sprachraum Goji oder Wolfberry. Der Bocksdorn dient in Europa vor allem als Zierpflanze. In China dagegen werden die Früchte sowohl in der Küche als auch in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet.

Die getrockneten Beeren sind blassrot, bis zu 1 cm lang und 0,5 cm breit. Sie schmecken süßlich, praktisch säurelos, ein wenig wie eine Mischung aus Dörrpflaumen und Feigen. Bei uns werden Goji-Beeren in verschiedenen Formen - beispielsweise getrocknet, als Konfitüre oder in Kapselform - verkauft.

Welche Inhaltsstoffe sind in Goji-Beeren enthalten?

Im Internet wird häufig von einem sehr hohen Vitamin-C-Gehalt, reichlich Zeaxanthin (orangegelber Farbstoff), 18 enthaltenen Aminosäuren und 21 Spurenelementen berichtet. Laut der offiziellen US-Nährwertdatenbank FoodData Central enthalten 100 g getrocknete Goji-Beeren 349 kcal, 46 g Zucker, 13 g Ballaststoffe, 190 mg Calcium, 6,8 mg Eisen, 48 mg Vitamin C und ca. 16 mg Carotinoide (incl. Zeaxanthin).

Mit dem für Trockenfrüchte recht hohen Vitamin C-Gehalt (ähnlich hoch ist dieser nur für getrocknete Mango) sind die Beeren vergleichbar mit 100 g Orangen, 100 g Erdbeeren, 40 g roter Paprika oder 75 g Kohlrabi. Betrachtet man allerdings den Vitamingehalt im Verhältnis zur Energiemenge - 349 Kilokalorien (kcal) pro 100 g für getrocknete Goji-Beeren gegenüber 32 kcal/100 g bei Erdbeeren oder 18 kcal/75 g Kohlrabi - so sind die getrockneten Goji-Beeren die klaren Verlierer. Der Calcium-Gehalt ist zwar 1,5-mal höher als in Milch (120 mg/100 g), entscheidend sind aber die üblichen Verzehrmengen beider Lebensmittel (200 g Milch mit 240 mg Calcium im Vergleich mit 25 g getrockneten Beeren und 48 mg).

In Nahrungsergänzungsmitteln finden Goji-Beeren-Pulver bzw. -Extrakte Verwendung. Die eingesetzten Extrakte sind nicht standardisiert, die genaue Zusammensetzung meist nicht bekannt und die Wirkung nicht untersucht. Das in Goji-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln ausgelobte Vitamin C ist meist künstlich zugesetzt und stammt nicht ausschließlich aus der Beere.

Können Goji-Beeren mit Schadstoffen belastet sein?

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart hat Untersuchungen veröffentlicht, wonach Goji-Beeren zu den Obstsorten mit höherer Pestizidbelastung zählen. Die Bilanz: 2010 mussten alle (!) Proben wegen Überschreitung der Höchstmenge des Insektizids Acetamiprid beanstandet werden.

Auch im Jahr 2016 enthielten viele Goji-Beeren-Proben eine Vielzahl verschiedener Pestizide. Bei den Untersuchungen wurden auch unzulässige Pflanzenschutzmittelwirkstoffe wie Nikotin (in einem Bioprodukt) gefunden. Nicht zuletzt konnten Rückstände von den Mückensprays (Repellents), die die Pflücker verwenden, nachgewiesen werden. Die Warnungen im europäischen Schnellwarnsystem RASFF (2020/2021) bezogen sich immer auf Goji-Beeren aus China.

Das Amt rät zur Vorsicht bei Qualitätsangaben: Bei einigen Produkten wurde die Angabe "bio" bzw. "wilde Goji-Beeren unbehandelt" in Frage gestellt, da Rückstände von durchschnittlich zehn Wirkstoffen mit teils hohen Rückstandskonzentrationen nachgewiesen wurden.

Auch Greenpeace hatte eine hohe (Mehrfach-) Pestizidbelastung von chinesischen Goji-Beeren festgestellt.

Neben der Pestizidbelastung gibt es auch Berichte über eine mikrobielle Belastung, krebserregende Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) sowie Schwermetalle bei Gojibeeren.

In 2023 und 2024 sind außerdem Rückrufe von Goji-Produkten aus China wegen unzulässiger radioaktiver Bestrahlung (erfolgt meist aus Hygienegründen) und Salmonellen erfolgt.

Tipp:
Goji-Beeren können auch im eigenen Garten angebaut und geerntet werden. Die frostresistenten Bocksdorn-Sträucher gedeihen bei uns gut - früher wurden sie viel als Heckenpflanzen eingesetzt - und sind im Fachhandel erhältlich. Reife Beeren können frisch gegessen oder auch zur späteren Verarbeitung eingefroren werden. Auch ein Trocknen der reifen Beeren in der Sonne, im Backofen oder in einem Dörrapparat ist möglich.

Quellen:

 


EFSA: EU Register of nutrition and health claims made on foods (abgerufen am 07.05.2024)

Goji-Beere: BfArM warnt vor Interaktion mit Vitamin-K-Antagonisten. Ärzteblatt online 03.04.2013 (abgerufen am 07.05.2024)

U.S. Department of Agriculture, Agricultural Research Service. FoodData Central, 2019. fdc.nal.usda.gov (abgerufen am 07.05.2024)

Klenow S. et al. (2013): Risikobewertung von Pflanzen und pflanzlichen Zubereitungen 2. Ergänzte Auflage. BfR Wissenschaft 12/2013

BfArM und Paul Ehrlich Institut (2013): Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 1, S. 15-17

Schulte E: CVUA: Nachgefasst: Pestizide in Gojibeeren, CVUA Stuttgart, Stand: 03.03.2010 (abgerufen am 07.05.2024)

Adam S; Scherbaum E: Sind vegane Lebensmittel auch frei von Rückständen? CVUA Stuttgart, Stand: 20.04.2017 (abgerufen am 07.05.2024)

Scherbaum E, Marks H: Mückenspray als Kontamination in Lebensmittel. CVUA Stuttgart, Stand: 16.09.2019 (abgerufen am 07.05.2024)

Greenpeace. Chinese Herbs: Elixir of health or pesticide cocktail? (2013)

Greenpeace (2014): Giftige Pestizidcocktails in traditionellen chinesischen Kräutern, Stand: 03.11.2014

Eurofins: Analyse von Gojibeeren. (abgerufen am 04.05.2023)

Europäisches Schnellwarnsystem: Meldungen zu Goji-Beeren aus den Jahren 2020-2023 (abgerufen am 07.02.2024)

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: lebensmittelwarnung.de (abgerufen am 07.05.2024)

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