Vom Führungszeugnis über den Kirchenaustritt bis zur Vermessung von Grundstücken – in Zeiten der Digitalisierung scheinen viele Online-Angebote für behördliche Anliegen nahezu normal. Doch nicht hinter jedem Online-Portal-Antrag steht die vermutete Behörde. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) warnt Verbraucherinnen und Verbraucher daher vor möglicherweise ungewollten Mehrkosten.
Sie hat „Ja“ gesagt. Auf die Verlobung soll die standesamtliche Hochzeit folgen. Dass es sich hierbei um einen Behördengang handelt klingt zwar wenig romantisch, erscheint aber in der Fülle einzureichender Dokumente zutreffend: Ausweisdokumente mit Lichtbild, eine erweiterte Meldebescheinigung nach dem Bundesmeldegesetz (BMG), ein beglaubigter Auszug aus dem Geburtenregister. „Mit zunehmender Digitalisierung der Behörden lässt sich so etwas doch sicher online beantragen“, so die naheliegende Vermutung. Eine kurze Internetrecherche führt zum Ergebnis. Den Anweisungen auf der Seite gefolgt, das Formular ausgefüllt, doch am Ende häufig doppelt gezahlt. Die Webseite war nicht die tatsächliche Seite des Standesamtes. Sie unterstützt gegen Zahlung einer Gebühr bei der eigentlichen Beantragung des notwendigen Dokuments, indem es die Anfrage weiterleitet. Das tatsächliche Standesamt stellt die Beantragung seinerseits ebenfalls in Rechnung.
Kein Blick ins Kleingedruckte?
„Solche Fälle ereignen sich leider häufiger als gedacht. Egal, ob Verbraucher ein Führungszeugnis oder notwendige Dokumente beim Standesamt, für den Kirchenaustritt, das Kindergeld oder Ähnliches beantragen möchten“, so Michael Herte, Leiter des Rechtsreferats der VZSH. „Oft stehen die Hinweise im Kleingedruckten. Wer nicht genau hinguckt, bekommt statt des gewünschten Dokuments lediglich Informationen zur Beantragung, eine Art ‚Wegweiser‘, wie die gewünschten Dokumente bei der Behörde zu beantragen sind“, so Herte. Für diese gebündelten Informationen stellen die Anbieter anschließend Kosten in Rechnung, die bei der Behörde direkt nicht entstanden wären. Für den Verbraucher entstehen so verzichtbare Mehrkosten. Noch teurer kann es werden, wenn man die Rechnung des Dienstleisters nicht bezahlt. Erfahrungsgemäß schalten die Betreiber dieser Informations- oder Servicedienste ohne Zögern einen Inkassodienst ein, der die Gelder mitsamt Auslagen und Verzugszinsen eintreibt.
Anzeichen für keine offizielle Behördenseite
- URL überprüfen! Bereits ein Blick in die Adressleiste kann erste Hinweise geben. „.com-“, „.org-“ oder „.net“-Adressen sind untypisch für Webseiten von offiziellen deutschen Behörden.
- Hat die Seite ein Impressum? Im Impressum lassen sich die wichtigsten Informationen zum Betreiber der Seite finden. Steckt eine deutsche Behörde hinter der Internetseite, ist dies im Impressum angegeben. Auch Dienstleister sind verpflichtet, Firmenkontakte im Impressum anzugeben. „Fehlt auf einer Internetseite das Impressum, empfehlen wir, auf Nummer sicher zu gehen und die Seite zu verlassen“, so Herte.
- Was steht in den AGB? Bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verhält es sich wie mit dem Impressum. Fehlen sie, sollten Verbraucher skeptisch werden. AGB beinhalten in der Regel vorformulierte Vertragsbedingungen, die bei Vertragsschluss – also dem Kauf – gelten.
Offizielle Behörden im Netz sichtbar machen
„Damit das Verwechslungsrisiko von Internetaufritten offizieller Behörden für Verbraucher möglichst gering ausfällt, benötigen die Webseiten eindeutige Erkennungsmerkmale“, so der Rechtsexperte der VZSH. „Ein geschütztes Logo könnte auf die Behördenseite hinweisen. Noch sicherer gegen Verwechslungen ist jedoch eine eigene Top-Level-Domain, die nur für öffentliche Hoheitsträger freigegeben ist“, so Herte. Das gibt es bereits in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dort dürfen nur die Links von Webseiten staatlicher Einrichtungen auf „.gov“ enden. Die Kurzform für „government“, zu Deutsch Regierung, gibt den entscheidenden Hinweis, dass es sich nur um eine öffentliche Behörde handeln kann. „Auch die Umsetzung staatlicher Digitalisierungsbestrebungen kann das Verwechslungsrisiko minimieren. Einheitliche Webauftritte staatlicher Institutionen mit einem ebenso einheitlichen wie handhabbaren digitalen Antragswesen würden das Geschäft mit Informations- und Vermittlungsdienstleistungen obsolet machen“, so Herte.