Statt bisher 89 Euro soll eine betroffene Kundin aus Wahlstedt künftig 163 Euro Abschlag im Monat an ihren Fernwärmeversorger zahlen. „Ich bin geschockt. Eine derartige Erhöhung ist nicht nachvollziehbar“, so die Kundin von HanseWerk. Das Unternehmen begründet die Erhöhungen auf seiner Internetseite mit stark angestiegenen Weltmarktpreisen für Erdgas, das aktuell einen Anteil von rund 54 Prozent an der Fernwärme ausmache.
Jetzt widersprechen und monatliche Zahlungen nicht erhöhen
Aus Sicht der VZSH ist die aktuelle Preiserhöhung in diesem Ausmaß nicht zulässig. „Wir empfehlen Betroffenen, der Erhöhung schriftlich zu widersprechen“, sagt Lenia Baga, Juristin bei der VZSH. Hilfsweise können sie zudem die Billigkeit der Preisanpassung in Frage stellen und sich dabei auf die Regelung des § 315 Abs. 3 BGB berufen. Betroffene sollten zudem bei ihrem Versorger ankündigen, dass sie die monatlichen Abschlagszahlungen nicht in dem geforderten Maße erhöhen wer-den, sondern sich an den durchschnittlichen Verbrauchskosten der vergangenen drei Jahre orientieren. „Sie haben das Recht, die Zahlung zu verweigern oder auf-zuschieben, sodass sie zunächst nicht mit Mahnungen, Inkassokosten oder Rechtsanwälten rechnen müssen“, erläutert die Juristin. Wichtig dabei ist es, das Unter-nehmen schriftlich darüber zu informieren und die angekündigte Erhöhung nicht einfach zu ignorieren – sonst kann es schnell zu Mahnungen und zusätzlichen Kosten kommen. Zudem ist es ratsam, den geforderten Betrag vorsorglich beiseite zu legen. So kommt man später nicht in Zahlungsschwierigkeiten, falls sich die Rechnung doch als rechtmäßig erweisen sollte.
Preisgleitklausel als Hintergrund der Preiserhöhung
Ursache für die enormen Preissteigerungen sind die Bestandteile der Preisgleitklausel. Die Preisgleitklausel dient dazu, Zahlungsverpflichtungen vor Veränderungen des Geldwertes zu schützen und einer Inflation vorzubeugen. Die enthaltenen Bestandteile können angepasst werden und zu höheren Preisen führen. Unternehmen dürfen die Preise aber nur dann erhöhen, wenn im Vertrag oder den dazugehörigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine wirksame Preisanpassungsklausel enthalten ist.
Verbraucherzentrale prüft rechtliche Schritte gegen HanseWerk
„Wir kritisieren die in den Preisgleitklauseln verwendeten Bestandteile, da diese nicht transparent genug sind. Beim Vertragsabschluss ist es für Verbraucher nicht zumutbar, sich über jeden Bestandteil zu informieren“, so Lenia Baga. Ob die aktuellen Preiserhöhungen von HanseWerk rechtmäßig sind, ist noch nicht geklärt. Der Anbieter wurde bereits im Jahr 2015 von der Verbraucherzentrale Hamburg wegen der einseitigen Änderung der Preisgleitklausel abgemahnt und verklagt. Die VZSH prüft aktuell weitere rechtliche Schritte. Problematisch ist die Entwicklung auch mit Blick auf die Energiewende. Wenn Wärmenetze und Fernwärme bei der großflächigen Umstellung auf Erneuerbare Energien eine wichtige Rolle spielen sollen, müssen aus Sicht der Verbraucherzentrale die Rahmenbedingungen für die Kunden stimmen.