Die Preisbremsen laufen aus, ebenso die Mehrwertsteuerabsenkung von 19 Prozent auf 7 Prozent auf Wärme und Gas. Außerhalb der Wärmenetze können sich Verbraucher einen neuen, günstigeren Anbieter suchen. In den Wärmenetzen geht das nicht. Gerade dort fiel die Preisbremse mit 9,5 ct/kWh vergleichsweise vorteilhaft für angeschlossene Haushalte aus. Die wahrgenommene Kostensteigerung ist nun entsprechend heftig. Diese Preissteigerungen werden zu weiteren erheblichen Belastungen der Verbraucher führen und machen zusätzliche Energieeinsparungen im Jahr 2024 erforderlich.
Hohe Beschwerdezahl aus Flensburg
In einigen Wärmenetzen fällt der Anstieg besonders deutlich aus. Insbesondere zu den Stadtwerken Flensburg erreichen die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) aktuell zahlreiche Beschwerden und Anfragen. Nach eigenen Berechnungen liegt der spezifische Wärmepreis[1] im Flensburger Primärnetz bei 20,17 ct pro kWh[2]. Im Vergleich zu anderen Zentralnetzen wie beispielsweise in Kiel (14,49 ct/kWh[3]) oder Neumünster (14,86 ct/kWh[4]) ist das teuer. „Dabei besteht in Flensburg ein Anschluss- und Benutzungszwang mit einer Anschlussquote von über 90 Prozent aller Haushalte“, so Tom Janneck, Leiter des Referats Energiewende und Nachhaltigkeit bei der VZSH. „Häufig wird ein Anschluss- und Benutzungszwang als Grund angeführt, um Wärme im Vergleich günstiger anbieten zu können.“, so Janneck weiter, „das scheint in Flensburg nicht zu funktionieren“.
Preisänderungsklauseln
Grund für die immer noch hohen Preise in Wärmenetzen sind Preisänderungsklauseln, die die Kostenentwicklung für beide Vertragsparteien über einen langen Zeitraum bezahlbar gestalten sollen. Wie sich in den vergangenen zwei Jahren gezeigt hat, funktionieren diese Berechnungsformeln aber nicht in Krisenzeiten. „Die aktuelle Rechts- und Marktlage schafft bei den Versorgern keinerlei Anreize, attraktive Preiskonditionen zu realisieren. Ein Wechsel in eine andere Heiztechnologie ist jedoch mit enormen Investitionskosten und eventuell auch Baumaßnahmen verbunden“, so Janneck.
Wärmenetze zukunftsfähig und verbraucherfreundlich gestalten
„Wenn Wärmenetze die ihr zugedachte Rolle in der Energiewende erfüllen sollen, braucht es stärkere verbraucherschützende Maßnahmen“, so der Experte. Die VZSH sieht in einem landesweiten Internetportal, über das die Anbieter ihre Preise sowie Netzverluste einstellen müssen, den ersten wichtigen Schritt, um die notwendige Transparenz herzustellen. Dies würde es der zuständigen Aufsichtsbehörde, Politik und Verbrauchern deutlich erleichtern, preisauffällige Anbieter zu identifizieren und gezielt anzusprechen.
Eine leistungsstarke Preisaufsicht kann helfen, gegen überhöhte Preise vorzugehen. Besser noch wären wirtschaftliche Anreize für Wärmeversorger, attraktive Preise umzusetzen und Investitionen in ihre Netze vorzunehmen, um etwa Wärmeverluste zu reduzieren.
Eine weitere Möglichkeit, wie die netzgebundene Wärmeversorgung gestaltet werden kann, stellt das dänische Modell dar. Die Wärmeversorgung wird in Dänemark als Daseinsvorsorge definiert. Das Modell beinhaltet ein Gewinnverbot und eine Quersubventionierung anderer öffentlicher Leistungen durch die Wärme ist ebenfalls untersagt. Die Umsetzung obliegt zudem kommunalen oder genossenschaftlichen Organisationen.
Überblick Fernwärmepreise in Schleswig-Holstein 2023-2024
Unter diesem Link finden Sie einen Überblick der Fernwärmepreise in Schleswig-Holstein für die Jahre 2023 und 2024. Diese Liste wird in den kommenden Tagen stetig aktualisiert. Die Datenerhebung basiert auf den Preisblättern, die durch die Wärmeversorger im Internet zur Verfügung gestellt werden. Die Berechnungen wurden durch die
Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein durchgeführt. Alle Angaben ohne Gewähr.
[1] Der spezifische Wärmepreis beinhaltet alle Kosten eines Jahres für den betrachteten Anwendungsfall bezogen auf eine Kilowattstunde. Dazu zählen Arbeitspreis, Grund- und/oder Messpreis, etc. Der Anwendungsfall umfasst einen Jahresverbrauch von 11.800 kWh und eine Anschlussleistung von 5 kW. Es wurden zudem 7% MwSt. eingerechnet.
[2] Im Primärnetz der Stadtwerke Flensburg.
[3] Im innerstädtischen Zentralnetz basierend auf dem Fernwärmepreissystem der Stadtwerke Kiel.
[4] Basierend auf der Belieferung mit Heizwasser durch die Stadtwerke Neumünster.