Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland werden in vollstationären Alten- und Pflegeheimen betreut. Derzeit sind es etwa eine Million Bewohnerinnen und Bewohner in knapp 12.000 vollstationären Pflegeeinrichtungen. Dabei treten immer wieder Mängel bezüglich der Unterkunft oder der Pflege auf. Welche Rechte Pflegebedürftige haben, erklärt die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH).
Pflege, Hygiene und Zuwendung entsprechen nicht den Erwartungen. Vielleicht ist der Speisenplan unausgewogen und das Essen regelmäßig kalt. Die Zimmer werden nur oberflächlich gereinigt. Oder der Pflegebedürftige wird nicht regelmäßig gewaschen und Vorlagen werden nicht schnell genug gewechselt. „Mängel in Pflegeeinrichtungen kommen leider immer wieder vor. Wichtig zu wissen ist, dass Betroffene selbst aktiv werden können“, sagt Katrin Reinhardt, Rechtsexpertin der VZSH.
Liegen Mängel im Pflegeheim vor, haben die Bewohner unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, das Heimentgelt zu mindern. „Je nach Schwere der Mängel können sogar Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen das gute Recht der Betroffenen sein“, so Reinhardt.
Allgemein ist zwischen Mängeln am Wohnraum und Mängeln hinsichtlich der zu erbringenden Pflege- und Betreuungsleistungen zu unterscheiden.
- Mängel am Wohnraum
Mängel am Wohnraum liegen vor, wenn die Räumlichkeiten nicht die Beschaffenheit aufweisen, die sie für den Gebrauch als Wohn- oder Gemeinschaftsraum haben müssten. Ihre rechtlichen Ansprüche können Bewohner sowie ihre Angehörigen unter anderem vom allgemeinen Wohnraummietrecht ableiten. - Mängel der Pflege- oder Betreuungsleistungen
Auch Mängel der Pflege- oder Betreuungsleistung können zu Minderungsansprüchen der Pflegekosten führen. Mängel sind zum Beispiel unzureichende Versorgung mit Nahrung, fehlerhafte Medikation sowie unzureichende Körperpflege. Je nach den Folgen für den Betroffenen können aus den Folgen einer unzureichenden Pflege oder Betreuung sogar Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche gegen den Heimbetreiber oder die verantwortlichen Pflegekräfte beziehungsweise Ärzte entstehen.
Dokumentation Grundlage für weiteres Vorgehen
Wenn ein Bewohner sein Heimentgelt aufgrund von Mängeln am Wohnraum oder aufgrund von Mängeln an der Pflege- oder Betreuungsleistung mindern will, muss er persönlich von dem vorliegenden Mangel beeinträchtigt sein. Diese Mängel müssen unverzüglich dem Heimbetreiber gemeldet werden. Darin sollte bereits die Ankündigung enthalten sein, dass das Entgelt gemindert werden soll. Auch an die Pflegekasse sollten Mängel oder Schlechtleistungen mitgeteilt werden. Ist ein Sozialhilfeträger an den Kosten beteiligt, sollte auch dieser informiert werden. Erst dann kann das Heimentgelt in angemessenem Umfang gekürzt werden. Wie viel das im Einzelfall ist, kann nur nach den konkreten Umständen bestimmt werden.
Mängel der Pflege- und/oder Betreuungsleistungen sind häufig schwierig nachzuweisen. Hier hilft eine gute Dokumentation, etwa durch Notizen, das Führen eines Tagebuchs, Fotos oder Zeugen. Betroffene sowie Bevollmächtigte können außerdem Einsicht in die Pflegedokumentation verlangen.
Um die Situation zu verbessern, ist es sinnvoll, eine Beschwerde beim zuständigen Personal und der Heimleitung einzureichen. Verbessert sich die Situation trotzdem nicht, können auch die Pflegekasse und/oder die zuständige Heimaufsicht eingeschaltet werden. Ebenso kann die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. (BIVA) ein geeigneter Ansprechpartner sein.
Einzelfallentscheidung
„Um Ansprüche geltend machen zu können, ist immer der Einzelfall genau zu betrachten. Pauschale Aussagen können nicht getroffen werden. Daher empfehlen wir eine individuelle Beratung“, so Reinhardt.
Beratung können Betroffene wie Angehörige und Bevollmächtigte bei den Pflegestützpunkten der Kreise und in den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein erhalten.