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"Alkoholfreien Spirituosen“: Alkoholverzicht bei vollem Geschmack?

Pressemitteilung vom
In einem Marktcheck* hat die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) 20 alkoholfreie Ersatzprodukte zu Gin, Rum, Aperitif und Likör unter die Lupe genommen.
Zahlreiche halb gefüllte Gläser in unterschiedlichen Formen.
Off

Gesünderer Lebensstil, Fahrtauglichkeit, Religion, Schwangerschaft und Stillzeit, Einnahme von Medikamenten – viele Menschen verzichten aus unterschiedlichen Gründen auf Alkohol. Während die Auswahl an alkoholfreiem Wein, Sekt und Bier bereits groß ist, wächst der Markt an „alkoholfreien Spirituosen“. In einem Marktcheck* hat die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) 20 alkoholfreie Ersatzprodukte zu Gin, Rum, Aperitif und Likör unter die Lupe genommen.

Bekanntes Original oder Marktnische für Startups?

Während sich manche Anbieter ausschließlich auf die Herstellung alkoholfreier Getränke spezialisiert haben, erkennen auch Hersteller von Markenprodukten den Trend und bringen alkoholfreie Alternativen zu ihren Klassikern in die Regale. Dabei werden die alkoholfreien Trendgetränke gerne neben den dazugehörigen alkoholhaltigen Originalen platziert oder teilweise sogar mit diesen im Doppelpack vermarktet. So fielen zwei Produkte des Marktchecks mit dem Angebot „1 + 1 gratis“ auf. Neben dem Lebensmitteleinzelhandel bietet auch der Online-Markt eine breite Palette verschiedener alkoholfreier Nachahmungen, teils in spezialisierten Shops.

Das steckt drin

„In 18 der 20 untersuchten alkoholfreien Produkte stellte Wasser die Hauptzutat dar. Viele Getränke enthielten zudem natürliche Aromen, Säuerungsmittel und Konservierungsstoffe“, erklärt Dr. Stefanie Staats, Referatsleitung Lebensmittel und Ernährung der VZSH. Die nicht-alkoholischen Alternativen zu Gin und Rum kamen fast alle ohne Zuckerzusatz aus, enthielten jedoch in einigen Fällen Süßungsmittel. Im Gegensatz dazu enthielten nahezu alle Produkte in der Kategorie der alkoholfreien Alternativen zu „Aperitifs und Likören“ Zucker in verhältnismäßig großen Mengen – teilweise mehr als 25 g je 100 Milliliter. Der Zuckergehalt macht sich nicht nur beim Geschmack und Mundgefühl, sondern auch beim Energiegehalt bemerkbar. „Wer zu alkoholfreien Varianten greift, kann im Vergleich zu den alkoholhaltigen Getränken viele Kilokalorien einsparen“, so Staats. Da bei den „Aperitif- und Liköralternativen“ mehr Zucker hinzugefügt wird, fällt dieser Effekt hier allerdings deutlich geringer aus als bei den „Gin- und Rumalternativen“.

Alkoholfrei wirklich ohne Alkohol?

Auch wenn von „alkoholfrei“ die Rede ist, können Produkte mit dieser Bezeichnung noch ein Restalkoholgehalt von bis zu 0,5 % Vol. enthalten. Erzeugnisse mit der Kennzeichnung „0,0 % Vol.“ kommen dagegen ganz ohne Alkohol aus. Erst wenn der Alkoholgehalt eines Getränks bei 1,2 % Vol. oder mehr liegt, besteht eine Kennzeichnungspflicht. Die meisten der im Marktcheck untersuchten Produkte erhalten ihren nachahmenden Geschmack durch verschiedene Zutaten und direkt alkoholfrei gewonnene Destillate und Extrakte. Lediglich zwei Produkte im Check basierten auf entalkoholisiertem Wein als Hauptzutat. Hier wurde dem Wein der Alkohol nachträglich entzogen.

Alkoholfrei und alkoholhaltig zum gleichen Preis?                            

Günstiger als die Originalprodukte sind die alkoholfreien Varianten nicht zwangsläufig. In allen drei Kategorien „Gin“, „Rum“ und „Aperitif und Likör“ waren alkoholfreie Ersatzprodukte zu finden, die zum gleichen Preis wie das alkoholhaltige Pendant verkauft wurden. Doch manche alkoholfreien Nachahmungen in der Kategorie der „Aperitifs und Liköre“ sind mehr als 10 Prozent günstiger als die alkoholhaltigen Erzeugnisse. Alkoholfreie „Gin“-Alternativen wurden im Vergleich zu den alkoholhaltigen Originalprodukten teilweise zum halben Preis angeboten.

Klare Produktdefinition oder Kreativitätsspielraum? Die Spirituosen-Grundverordnung

Die Begriffskombination „alkoholfreie Spirituosen“ ist widersprüchlich und laut Spirituosen-Grundverordnung sogar unzulässig. Nach dieser muss eine Spirituose einen Mindestalkoholgehalt von 15 % Vol. vorweisen (Ausnahme Eierlikör mit 14 % Vol.). Zusätzlich gibt es Regelungen über Mindestalkoholgehalte und andere Kriterien, um beispielsweise die Begriffe „Gin“ oder „Rum“ verwenden zu dürfen. Lebensmittelrechtlich unterliegen die alkoholfreien Erzeugnisse dieser noch recht neuen Produktkategorien dem allgemeinen Lebensmittelrecht und könnten nach einer Einzelfallbewertung beispielsweise den Erfrischungsgetränken zugeordnet werden. Drei der 20 „alkoholfreien Spirituosen“ trugen eine Alterskennzeichnung in Form von „18+“. In den meisten Fällen könnten Minderjährige jedoch die Getränke erwerben. Die VZSH sieht es kritisch, Kindern und Jugendlichen Zugang zu derartigen Getränken zu gewähren, da eine Geschmacksgewöhnung an Spirituosen frühzeitig erfolgen könnte.

Tipps für den Einkauf und die Lagerung

Hochprozentige Spirituosen werden gerne eiskalt aus dem Gefrierfach getrunken. Achtung: Ihre alkoholfreien Pendants sollten dort besser nicht gelagert und vergessen werden. Da der Alkohol fehlt, der den Gefrierpunkt der Flüssigkeit heruntersetzt, kann sich das gefrierende Wasser bei den alkoholfreien Getränken ausdehnen und die Flasche zum Platzen bringen. Besser ist die Aufbewahrung der Getränke im Kühlschrank. Staats ergänzt: „Zudem entfällt die konservierende Wirkung des Alkohols bei den alkoholfreien Alternativen. Eine unbegrenzte Lagerung ist daher nicht möglich – insbesondere sollte der Inhalt bereits geöffneter Flaschen zeitnah aufgebraucht werden.“ Auf vielen Produkten ist neben dem Mindesthaltbarkeitsdatum eine Verbrauchsfrist samt Lagerungshinweis nach dem Öffnen vermerkt.

*Die Stichprobe erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität und Vollständigkeit.

 

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