Viele Verbraucherinnen und Verbraucher beziehen bei der Wahl ihrer Lebensmittel Klimaschutzaspekte mit ein. Manche Hersteller platzieren daher Siegel, Labels und Werbeaussagen mit Klimabezug auf den Verpackungen. Ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen zeigt jedoch: Was diese Hinweise bedeuten, ist oft unklar. Sie fordern eine schnelle Einführung von einheitlichen rechtlichen Vorgaben für Klimaaussagen.
Klima und Nachhaltigkeit sind vielen Menschen beim Einkauf wichtig. Das nutzen einige Unternehmen für sich und werben mit zahlreichen Werbeaussagen auf Lebensmitteln. Die derzeit unzureichende rechtliche Regulierung dieser Klimawerbeaussagen führt dazu, dass beispielsweise private Siegelgeber eigene Labels erfinden, um ihre Produkte aufzuwerten. „Wir haben allein das ‚Klimaneutral‘-Zeichen eines privaten Siegelgebers in sieben verschiedenen Varianten gefunden“, so Dr. Stefanie Staats, Leiterin des Referats Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH). Was sich jedoch hinter den jeweiligen Aussagen und Siegeln verbirgt, ist oft unklar.
Marktcheck deckt auf
Ein aktueller Marktcheck der Verbraucherzentralen zeigt: Am häufigsten wurde mit der Klimaneutralität von Produkten geworben (53 von 87 Produkten). Doch Aussagen wie „klimaneutral“, „klimapositiv“ und „CO2-positiv“ können beim Verbraucher zu falschen Vorstellungen führen. „Meist stecken dahinter Ausgleichszahlungen in Kompensationsprojekte, deren Berechnungsgrundlagen durchaus fragwürdig sein können. Lebensmittelhersteller sollten diese daher grundsätzlich nicht mehr verwenden. Für Verbraucher, die auf die Klimafreundlichkeit ihrer Produkte achten, sind diese Angaben oftmals wenig aufschlussreich“, so Staats.
Oft fehlen Erläuterungen
Bei einem Drittel der Produkte blieb unklar, auf was genau sich das Werbeversprechen bezieht. „Aussagen wie ‚24 % CO2-Reduzierung‘ sind nicht hilfreich, wenn nirgendwo angegeben ist, ob damit die Verpackung, die Herstellung oder das gesamte Produkt gemeint ist“, so Staats. Ergänzenden Erklärungen fehlten ebenfalls bei einem Drittel der Produkte. Häufig verwiesen die Unternehmen auf weiterführende Informationen im Internet (73 der 87 Produkte). Wesentliche Informationen zur Verständlichkeit von Klima- und CO2-Aussagen gehören jedoch aus Sicht der Verbraucherzentralen direkt auf die Verpackung.
Klare Aussagen selten
Das zeigt beispielsweise der Vergleich verschiedener Milchpackungen: Lediglich ein Produkt trug die Angabe „klimaneutral“ mit Verweis auf „effektiven Klimaschutz“. Ein anderes Produkt warb mit Aussagen und Erläuterungen auf allen Verpackungsseiten. Eindeutige Informationen lieferten diese jedoch auch nicht. Verbraucher können daher nicht einschätzen, welches der Produkte den größten Mehrwert für das Klima bringt.
Rechtliche Vorgaben dringend notwendig
Der Marktcheck macht deutlich, dass es ein gesetzliches, standardisiertes Regelwerk einschließlich entsprechendem Kontrollsystem für die Werbung mit Klima- und Umweltaussagen braucht. Als vielversprechend werten die Verbraucherzentralen zwei Richtlinien zu Umweltaussagen, die die Europäische Kommission aktuell vorbereitet, um rechtliche Lücken zu schließen. Bis die Richtlinien umgesetzt werden und sich damit direkt auf Werbeaussagen auswirken, können jedoch noch Jahre vergehen. Unternehmen, die ihre Klimaschutzbemühungen deutlich machen wollen, sollten daher schon jetzt transparent und verständlich kommunizieren. „Die Werbung mit Klimaaussagen darf nicht dazu führen, dass Unternehmen Produkte besser darstellen als sie sind und Verbraucher dadurch getäuscht werden“, so Staats.
Hintergrund des Marktchecks
In einer bundesweiten Stichprobe haben die Verbraucherzentralen im April 2023 Lebensmittel mit Klima- und CO2-Siegeln und Aussagen erfasst. Dazu wurde das Angebot in Discountern, Supermärkten, Biomärkten und Drogeriemärkten in zehn Bundesländern untersucht. Erfasst wurden 87 Produkte, die im Hauptsichtfeld mit Siegeln und Aussagen zu Klima und CO2 warben.
Den ausführlichen Bericht zum aktuellen Marktcheck finden Sie hier. Tipps für eine klimafreundlichere Ernährung gibt es auf der Internetseite der Verbraucherzentralen.
Diese Information ist im Rahmen eines vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Ernährungsprojekts entstanden.