Moringa ist ein beliebtes Superfood, das unter anderem in Form von Kapseln für die tägliche Einnahme erhältlich ist. Der Blick auf wissenschaftliche Untersuchungen zeigt: Produkte aus der vermeintlichen Wunderpflanze sind oft alles andere als gesund. Viele sind mit giftigen Pflanzenschutzmitteln oder Krankheitserregern belastet. Zudem gibt es bisher keine Nachweise für eine gesundheitsfördernde Wirkung.
Neben anderen Superfood-Produkten wie Goji-Beeren und Chia-Samen begeistert auch Moringa auf den ersten Blick mit einem hohen Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Die Pflanze soll laut Angaben von Herstellern doppelt so viel Eiweiß wie Sojabohnen, 17 mal mehr Calcium als Milch und 25 mal mehr Eisen als Spinat enthalten. „Solche Vergleiche hinken, denn sie lassen außer Acht, dass Moringa nur in sehr kleinen Mengen verzehrt wird“, sagt Saskia Vetter, Ökotrophologin bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. „Eine realistische Portion Moringa liegt bei etwa zehn Gramm. Deshalb sagt ein Nährstoffvergleich zwischen 100 Gramm Milch und 100 Gramm Moringa wenig aus.“ Ein Glas Milch oder eine Portion Spinat liefern mehr Mineralstoffe als zehn Gramm Moringablattpulver.
Irreführende Behauptungen von Herstellern und Händlern
Hersteller werben zudem mit „100 Prozent bioverfügbaren Nährstoffen“ und führen Käufer damit in die Irre. Die Bioverfügbarkeit eines Stoffes beschreibt, wie gut dieser vom Körper aufgenommen werden kann. „Bei pflanzlichen Lebensmitteln verhindern aber holzige Fasern oder Hemmstoffe, dass alle Nährstoffe dort an-kommen, wo sie gebraucht werden. Moringa enthält beispielsweise Oxal- oder Phytinsäure, die dem Körper die Mineralstoffaufnahme erschweren“, so Saskia Vetter.
Schadstoffbelastung mit Spritzmitteln und Salmonellen
Regelmäßige Laborkontrollen zeigen: Moringa-Produkte sind häufig mit Schadstoffen belastet. Rückstände von Spritzmitteln gegen Insekten, Unkraut und Pilze sind oft so hoch, dass die Lebensmittelüberwachungsbehörden diese Produkte aus dem Verkehr ziehen. Selbst bei Bioprodukten wurden zum Teil unzulässige Spritzmittel nachgewiesen. Zudem wurden in Moringa-Produkten Salmonellen und hohe Gehalte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) gefunden. Diese entstehen wahrscheinlich beim Transport, bei der Trocknung oder Lagerung.
Verbotene Werbung in Online-Shops
Moringa-Produkte werden meist in Form von Nahrungsergänzungsmitteln wie Kapseln oder Tabletten verkauft. Diese gehören im rechtlichen Sinn zu Lebensmitteln. Im Gegensatz zu Arzneimitteln dienen sie nicht dazu, Krankheiten zu heilen oder vorzubeugen. Dennoch versprechen Onlineshops Wunderwirkungen gegen Krebs und andere Krankheiten. Werbung in dieser Form ist falsch und verboten, weil eine gesundheitsfördernde Wirkung von Moringa nicht wissenschaftlich nachgewiesen ist. Werbung mit Gesundheitsversprechen prüft die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA), bevor Hersteller oder Händler diese veröffentlichen dürfen. Für Moringa-Produkte ist bislang keine Werbeaussage zugelassen. „Interessierte sollten sich nicht von Hinweisen wie ‚Aussagen über die Wirkung der Inhaltsstoffe liegen der EFSA zur Prüfung vor‘ täuschen lassen. Solange sich Werbeaussagen in Prüfung befinden, bleiben sie verboten“, sagt Saskia Vetter.