Corona, gestiegene Energiekosten oder unternehmerische Fehlkalkulation – immer wieder geraten Unternehmen in finanzielle Schieflage. Melden Hersteller von E-Bikes, Küchen oder wie zuletzt eine große Baufirma für Bausatzhäuser Insolvenz an, ist die Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher meist hoch. Sind die Träume von dem Haus, der Küche oder dem neuen Sofa geplatzt? Was passiert mit bereits angezahltem Geld?
Gleichheit der Gläubiger
Bestimmte Unternehmen unterliegen in Deutschland der Pflicht, im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung beim örtlich zuständigen Gericht einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Antragspflicht gilt vor allem für sogenannte Kapitalgesellschaften wie eine GmbH. „Die Insolvenzantragspflicht soll einen Wettlauf zwischen den Gläubigern vermeiden. Denn Gläubiger, die mehr über die finanzielle Situation eines Unternehmens wissen als andere, könnten früher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten und sich dadurch besserstellen“, erklärt Michael Herte, Finanzexperte der VZSH.
Bekanntmachung und Informationen
Nach dem Antrag muss das Gericht entscheiden, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Hierfür werden Gutachter beziehungsweise vorläufige Insolvenzverwalter eingesetzt. Verfügt ein Unternehmen nicht über das Vermögen, um die Verfahrenskosten zu tragen, wird das Insolvenzverfahren abgelehnt und das Unternehmen liquidiert. Damit werden alle materiellen und immateriellen Sachwerte in Geld umgewandelt. Aus diesen Einnahmen und soweit vorhandenem Geldvermögen werden die Schulden bestmöglich beglichen.
Kann das Unternehmen die Kosten tragen, eröffnet das Gericht das Verfahren und überträgt die Leitung des Unternehmens in der Regel einer Insolvenzverwaltung. Dies wird öffentlich bekannt gegeben: Auf der Website www.insolvenzbekanntmachungen.de sind diese Informationen kostenfrei abzurufen.
Kein Grund für Stornierung
Vorsicht: Die Insolvenz eines Anbieters führt nicht zwangsläufig zur Stornierung eines Auftrages oder einer Bestellung. „Auf Verträge, die vom Schuldner noch nicht oder nicht vollständig erfüllt sind, hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine besondere Wirkung. Allein der Insolvenzverwalter ist von diesem Zeitpunkt an befugt, zu entscheiden, ob der Vertrag erfüllt werden soll oder nicht“, so Herte. „Erfahren Verbraucher von der Anbieterinsolvenz, ist der wichtigste Schritt, den Insolvenzverwalter zu einer Erklärung aufzufordern, ob er am Vertrag festhalten will oder nicht“, erklärt Herte. „Verbraucher müssen für bereits gelieferte Ware bezahlen. Auch wenn noch nicht geliefert wurde, kann man nicht einfach so vom Vertrag zurücktreten.“
Anmeldung von Forderungen? - Die Insolvenztabelle
Entschließt sich der Insolvenzverwalter dafür, den Vertrag nicht zu erfüllen oder kommt es infolge der Insolvenz zur vollständigen Geschäftsaufgabe, sollten Verbraucher ihre Ansprüche beim Insolvenzverwalter geltend machen. Dazu sollten sie ihre Forderungen, samt Begründung und Höhe, über den Insolvenzverwalter in die sogenannten Insolvenztabelle eintragen lassen. Sie wird beim Insolvenzgericht geführt.
Aussichten auf Erstattung?
Die Insolvenztabelle ist kein Wunschzettel – ob die Forderung anerkannt wird, entscheidet sich im Prüfungstermin. Am Prüfungstermin werden die von den Gläubigern angemeldeten Forderungen auf ihre Berechtigung hin geprüft. Werden Forderungen anerkannt, nehmen Gläubiger am Insolvenz- und am Verteilungsverfahren teil. Wie viel letztendlich tatsächlich erstattet wird, hängt davon ab, wie viel Vermögen zu verteilen ist und ob es Forderungen gibt, die der Insolvenzverwalter vorrangig zu begleichen hat. Das können zum Beispiel Grundbucheinträge von Banken und Sparkassen sein. Die Prüfung findet mindestens eine Woche und höchstens zwei Monate nach Ablauf der Frist zur Forderungsanmeldung statt. Das Insolvenzgericht bestimmt den Termin im Eröffnungsbeschluss. Er wird im Internet – ebenfalls auf www.insolvenzbekanntmachungen.de – veröffentlicht und den Verfahrensbeteiligten zugestellt.