Ihr gemeinnütziger Verein für Information, Beratung, Bildung und Interessenvertretung.

 

Prosumer-Tarife: Spezialtarife für PV-Anlagenbetreiber haben ihren Preis

Stand:
Lohnen sich spezielle Stromtarife für Solaranlagen? Meistens nicht. Komplexe Vertrags- und Preisbedingungen erschweren den Vergleich mit anderen Stromtarifen.
Eine Photovoltaik-Anlage auf einem Hausdach

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kosten- und Vertragsbedingungen für Prosumer-Tarife sind meist komplex und für Laien schwer durchschaubar.
  • Eine Analyse zeigt, dass Prosumer-Tarife für Betreiber:innen von Solaranlagen meist teurer sind, als wenn sie den benötigten Reststrom vom günstigen Ökostrom-Anbieter beziehen.
  • Anbieter knüpfen Tarifangebote oft an den Verkauf von Solaranlagen und Batteriespeichern.
On

Prosumer-Tarife: Photovoltaik-Spezialtarife sind keine Cloud, Flat oder virtueller Speicher

Ein Prosumer-Tarif verspricht oft, den Strom aus Ihrer Photovoltaikanlage zu "speichern", damit Sie nicht zusätzlich Strom aus dem Netz kaufen müssen, wenn Ihre Anlage gerade nicht genug produziert. Denn in der Praxis können Sie nicht rund um die Uhr so viel Strom selbst erzeugen, wie Sie auch verbrauchen.

Ihre Photovoltaikanlage liefert tagsüber Strom, den Sie meist nur zum Teil verbrauchen, sowie Überschüsse, die Sie gegen eine Vergütung ins Netz einspeisen. Nachts und wenn die Sonne wenig scheint oder auch wenn viele Haushaltsgeräte gleichzeitig laufen, beziehen Sie den zusätzlich benötigten Strom vom Versorger aus dem Netz.

Batteriespeicher können den Solarstrom puffern und so dafür sorgen, dass sie deutlich weniger Strom aus dem Netz beziehen müssen. Doch auch bei Photovoltaikanlagen mit Batteriespeichern müssen Sie meist zwischen 20 bis 50 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs noch zukaufen. Das liegt vor allem daran, dass im Winterhalbjahr nur ein Drittel der jährlichen Sonneneinstrahlung zur Verfügung steht und besonders die dunklen Monate November und Dezember wenig Solarstrom bringen.

Deshalb haben sich die Anbieter von Batteriespeichern und Photovoltaikanlagen sowie einige Stromversorger, die auf dem Photovoltaikmarkt aktiv sind, Prosumer-Tarife ausgedacht. Die Anbieter bezeichnen diese Tarife oft mit Begriffen wie "Cloudstrom", "Community" oder "Stromflat". Die Verwendung dieser Begriffe ist aus Sicht von Verbraucher:innen irreführend, weil es sich meist eben nicht um eine "Cloud", "Community" oder "Flat" handelt.

Wie funktioniert ein Prosumer-Tarif?

Mit dem Begriff "Cloud" meinen die Anbieter, dass Sie als Solarbetreiber:in überschüssigen Strom ins Netz einspeisen und zu anderen Zeiten Strom wieder aus dem Netz beziehen. Dabei wird nicht selten behauptet, das Stromnetz würde als "virtueller Stromspeicher" funktionieren. Damit sei es sogar möglich, Solarstrom 'unbegrenzt', etwa für den Winter, zu speichern.

Aber anders als bei den Datenclouds in der IT-Industrie, wo tatsächlich vorhandene zentrale Datenspeicher genutzt werden, mit denen man sich über das Internet verbindet, wird der Solarstrom im Netz nicht gespeichert, sondern immer sofort vermarktet und verbraucht.

Die "Stromcloud" ist kein Cloudspeicher, sondern normaler Bezug von Reststrom.

Der Strom, den Sie als Kund:in später "aus der Cloud" wieder in Ihrem Haushalt beziehen, ist ein genau zu diesem Verbrauchszeitpunkt neu produzierter Strom aus einer anderen Solaranlage, einer Windkraftanlage oder irgendeinem anderen Kraftwerk. Es handelt sich also nicht um eine Speicherung von Strom in der Cloud, sondern um zwei getrennte Vorgänge. Der Strombezug "aus der Cloud" ist technisch gesehen ganz normaler Strombezug aus dem Netz. 

"Am Ende sind das rechtlich ganz normale Stromlieferverträge für Reststrom mit besonderen Bedingungen für bestimmte Kunden, eben Prosumer", folgert Holger Schneidewindt, Referent für Energierecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. 

Kosten für Prosumer-Tarife meist zu hoch – Verträge intransparent

Strom aus Prosumer-Tarifen kann für Solarbetreiber:innen finanziell kaum attraktiver sein als die übliche Vorgehensweise: Sie speisen Ihren überschüssigen Solarstrom ins Netz und erhalten dafür die Vergütung aus dem EEG. Für den Reststrom, den Sie aus dem Netz beziehen, zahlen Sie alle Beschaffungskosten, Netzdurchleitungspreise und gesetzlichen Abgaben, wie bei anderen Strombezugstarifen auch. Es gibt schlicht keine Kostenersparnis, die ein Stromversorger Kund:innen in Form eines Preisnachlasses weitergeben könnte. Diese Tatsache wird oft durch kreative Tarifkonstruktionen mehr oder weniger geschickt verschleiert.

So beinhalten die umfangreichen und für Laien kaum verständlichen Vertrags- und AGB-Klauseln häufig nur schwer nachvollziehbare Preis- und Abrechnungsmodalitäten. Ein Preisvergleich zwischen Prosumer-Tarifen und dem Bezug von Reststrom von einem "normalen" Versorger wird Verbraucher:innen damit praktisch unmöglich gemacht.

Die Tarife und Verträge sind auch deshalb kompliziert, weil die im Rahmen von Prosumer-Tarifen geflossenen Strommengen mit zusätzlichen Überschüssen und Mehrverbräuchen gegeneinander verrechnet und mit unterschiedlichen Preisen bewertet werden müssen. Strommengen sind mal zu hoch und mal zu niedrig und wenn sich der Stromverbrauch verändert, passt der Anbieter die Mengen und Preise nach einer nicht transparenten Berechnungslogik an.

Selbst bei manchen Anbietern hat die Begeisterung für Prosumer-Tarife bereits nachgelassen und so haben schon mehrere ihre Angebote inzwischen eingestellt oder sie versuchen, ihre Tarifmodelle zu vereinfachen.

Analyse zeigt: Prosumer-Tarife sind selten sinnvoll

Fast alle Prosumer-Tarife sind am Ende nicht günstiger, sondern deutlich teurer, als wenn Sie Ihren Reststrom von einem Stromversorger beziehen. Das ist jedenfalls das Ergebnis der "Vergleichsanalyse von Cloud- und Community-Angeboten in Deutschland" des Bonner Marktforschungsunternehmens EUPD Research, die im September 2020 herausgegeben wurde.

Nachteile von Prosumer-Tarifen

Wenn Sie sich für einen Prosumer-Tarif interessieren, müssen Sie sich nicht nur auf komplizierte Preis- und Vertragsmodelle einstellen, die schwer durchschaubar sind. Meist sind die Kosten auch höher, als wenn Sie Ihren Reststrom vom günstigen Anbieter beziehen. Aber es gibt noch weitere Aspekte, die zum Nachteil werden können.

Batteriespeicher meist zu groß

Meistens werden Prosumer-Tarife beim Kauf einer Photovoltaikanlage oder eines Batteriespeichers vom jeweiligen Verkäufer angeboten. Die Konditionen hängen dabei oft von der Dimensionierung des Batteriespeichers ab und nicht selten werden dabei viel zu große und damit unnötig teure Batteriespeicher verkauft. Schon das frisst einen möglichen Kostenvorteil der Prosumer-Tarife gegenüber dem Reststrombezug wieder auf.

Tarife variieren von Anbieter zu Anbieter

Die Prosumer-Tarife bestehen aus mehreren Komponenten, die je nach Anbieter unterschiedlich zusammengesetzt sind:

  • Die Tarife beinhalten eine feste monatliche Pauschale, die eine bestimmte Menge Stromverbrauch oder Strombezug beinhaltet.
  • Der ins Netz eingespeiste Strom wird vergütet oder nicht vergütet oder mit der aus dem Netz zurück bezogenen Menge verrechnet.
  • Nicht abgerufene Strommengen innerhalb der Strommenge des Prosumer-Tarifs können verfallen.
  • Zusätzlicher Strombezug über die Menge des Prosumer-Tarifs hinaus wird zusätzlich berechnet oder führt in Folgejahren zu einer höheren monatlichen Pauschale.
  • Meistens ist der Kauf einer Photovoltaikanlage oder des Batteriespeichers von einem speziellen Anbieter nötig, um dessen Prosumer-Tarif nutzen zu können.
  • Bei einzelnen Anbietern erhalten Sie als Anlagenbetreiber:in eine Vergütung dafür, dass der Anbieter des Prosumer-Tarifs den Batteriespeicher für Netzdienstleistungen nutzen darf. Die Vergütung erfolgt als vertraglich vereinbarter Geldbetrag oder als kostenlos gelieferte Strommenge.

Die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten dieser und weiterer Bausteine machen Prosumer-Tarife wenig transparent und den Vergleich untereinander sowie mit normalen Stromtarifen vom Stromversorger schwierig.

Lassen Sie sich beraten

In einer früheren Befragung von Prosumer-Tarif-Kund:innen durch EUPD Research antworteten drei Viertel der Solarbetreiber:innen, sie hätten sich für einen bestimmten Batteriespeicher entschieden, weil der Anbieter einen Prosumer-Tarif angeboten hatte. Die Empfehlung müsste aber umgekehrt lauten: Wählen Sie zuerst die für Ihre Bedürfnisse passende Technik und sinnvolle Größe von Photovoltaikanlage und Batteriespeicher.

Grundsätzlich bedeutet das, die Leistung der Photovoltaikanlage möglichst groß und die Kapazität des Batteriespeichers passend zum Stromverbrauch und eher knapp zu bemessen. Und falls dann ein Prosumer-Tarif angeboten wird, der dazu passt, überprüfen Sie, ob dieser wirklich günstiger ist als die Kosten für den benötigten Reststrom, den Sie vom günstigen Ökostrom-Anbieter beziehen können. Wenn Sie unsicher sind und Hilfe brauchen, bekommen Sie Rat, beispielsweise von der Energieberatung der Verbraucherzentralen.

Fernbedienung wird auf Fernseher gerichtet

Klage wegen service-rundfunkbeitrag.de gegen SSS-Software Special Service GmbH

Die SSS-Software Special Service GmbH macht auf service-rundfunkbeitrag.de nicht ausreichend kenntlich, dass sie Geld für eigentlich kostenlosen Service verlangt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband klagt vor dem OLG Koblenz auf Unterlassung und hat eine Sammelklage eingereicht.
Grafische Darstellung einer Frau, die ungeduldig auf ihre Armbanduhr schaut. Rechts daneben befindet sich das Logo von Cleverbuy, darunter eine Grafik von einem Smartphone, von der ein roter Pfeil auf einen Stapel Euroscheine führt. Rechts daneben befindet sich ein großes, rotes Ausrufezeichen, in dem "Warnung" steht.

Warnung vor Cleverbuy: Auszahlung lässt auf sich warten

"Clever Technik kaufen und verkaufen" heißt es auf der Website der Ankaufplattform Cleverbuy. Gar nicht clever ist die oft lange Zeit, die verstreicht, bis Nutzer:innen ihr Geld für Smartphone und Co. ausgezahlt bekommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt daher vor dem Anbieter.
Besorgt dreinblickender Mann, der auf seine Kreditkarte schaut, während er mit seinem Mobiltelefon spricht.

Der vzbv stellt fest: Banken tun nicht genug gegen Kontobetrug

Opfer von Kontobetrug bleiben in vielen Fällen auf dem Schaden sitzen, denn: Banken werfen ihnen grobe Fahrlässigkeit vor. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) müssten Banken jedoch mehr tun, um Verbraucher:innen zu schützen.