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Kreatin: Nur in seltenen Fällen hilfreich

Stand:
Kreatin kann nur unter genau definierten Bedingungen wirken. Wer zu wenig trinkt, riskiert Nebenwirkungen. Und nicht alle Kreatin-Verbindungen sind in der EU erlaubt.
Sportlichte Überlastung

Das Wichtigste in Kürze:
Zu viel kann schaden!

  • Kreatin wird in den Muskeln gebildet, aber auch über die Nahrung aufgenommen, besonders über Fleisch und Fisch.
  • Ein positiver Effekt auf Muskelaufbau und -leistung ist möglich, aber nicht bei jedem Sporttreibenden.
  • Mit dem Muskelaufbau kommt es auch zu Wassereinlagerungen und Gewichtszunahme. Das Verletzungsrisiko kann steigen.
  • Achten Sie auf sichere Einkaufsquellen.
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Was steckt hinter der Werbung zu Kreatin?

"Für mehr Kraft und Masse" oder "der Allrounder für Muskelaufbau und Ausdauersport": Auf den ersten Blick scheint Kreatin ein sicheres Mittel für den Muskelaufbau für alle Sportler:innen zu sein. Bei genauerer Betrachtung wird klar, dass Sie diese Wirkung nur unter ganz bestimmten Bedingungen erwarten können.

Der Stoff scheint einen Einfluss auf die sportliche Leistung zu haben. Die Wirkung ist allerdings sehr unterschiedlich und hängt vom Alter, der Sportart, dem Fitnesslevel und der Dosis ab. Bei einer Supplementierung mit Kreatin können zum Beispiele Vegetarier:innen einen stärkeren Anstieg des Kreatingehaltes im Körper erwarten, was möglicherweise zu einem etwas stärkeren Leistungszuwachs (im Bereiche Muskelkraft) führen kann.  Die praktisch kreatinfreie Ernährung von Vegetarier:innen führt aber nicht zu einem Kreatinmangel, da im Körper ausreichend Kreatin produziert wird.

Kreatin kann zu einem schnelleren Muskelaufbau und zur Steigerung der Maximalkraft führen. Der Muskelaufbau fällt umso geringer aus, je trainierter Sie sind

Eine Kreatinsupplementierung in Verbindung mit Widerstandstraining scheint die Muskelkraft des Ober - und Unterkörpers zu erhöhen (bei Erwachsenen unter 50 Jahren), wobei die Vorteile bei Männern wahrscheinlich größer sind als bei Frauen.

Eine Meta-Analyse aus 2023 kam allerdings zu der Einschätzung, dass die Zunahme der fettfreien Masse ein ungenauer Ersatzwert für die Zunahme der Skelettmuskelmasse ist, da sie das gesamte Nicht-Fettgewebe, einschließlich des Körperwassers, umfasst. Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine Kreatinsupplementierung den Gesamtkörperwassergehalt erhöht. 

Eine Kreatinanreicherung im Muskel zögert bei Kurzzeit- und intensiven Belastungen die Ermüdung hinaus. Dadurch sind höhere Trainingsintensitäten möglich. Kreatin scheint Muskelschäden zu verringern und die Erholung nach intensiver Belastung zu fördern. Belastungsbedingte Muskelschäden nach dem Sport führen zu verstärktem Muskelkater, beeinträchtigter Muskelfunktion und verminderter Muskelkraft. Einige Untersuchungen deuten auf eine positive Wirkung von Kreatin auf diese Schäden hin, beispielsweise durch einen Rückgang der Kreatinkinase-Konzentration. Allerdings sind die Ergebnisse sehr unterschiedlich und weitere Forschung ist nötig.

Ob Kreatin im Ausdauerbereich unterstützen kann ist unklar. Eine unsachgemäße Anwendung kann Ihre Leistung und Gesundheit beeinträchtigen. Für Leistungssportler:innen werden bei der Einnahme von Kreatin regelmäßige Gesundheitschecks empfohlen.

Für Sportler-Produkte mit Kreatin gibt es zwei von der Europäischen Union zugelassene Health Claims, also gesundheitsbezogene Werbeaussagen, die wissenschaftlich belegt werden konnten.

  1. Da heißt es "Kreatin erhöht die körperliche Leistung bei Schnellkrafttraining im Rahmen kurzzeitiger intensiver körperlicher Betätigung". Auf dem Produkt muss aber klar gestellt werden, dass es nur für Erwachsene bestimmt ist, die einer intensiven körperlichen Betätigung nachgehen. Das Produkt muss 3 Gramm Kreatin pro Tag liefern, damit die Angabe zulässig ist. Sie müssen auf der Verpackung darüber unterrichtet werden, dass sich die positive Wirkung auch nur bei dieser täglichen Menge einstellen kann.
  2. Beim zweiten zugelassenen Health Claim sind die Bedingungen noch eingeschränkter. Er richtet sich an Erwachsene über 55 Jahre.  Nur bei mindestens dreimaligem Krafttraining wöchentlich über mehrere Wochen in einer bestimmten Intensität soll die tägliche Einnahme von 3 Gramm Kreatin die Wirkung von Krafttraining auf die Muskelkraft steigern können.

Weitere neun Anträge wurden abgelehnt, darunter "liefert Energie für den Muskel" oder "kombiniertes Kreatin und Kohlenhydrate steigern die Muskel-Kreatin-speicher im Vergleich zu Kreatin allein".

Im November 2024 wurde durch das EFSA-Gremium für Ernährung, neuartige Lebensmittel und Lebensmittelallergene (NDA) eine Stellungnahme zur wissenschaftlichen Untermauerung einer gesundheitsbezogenen Angabe zum Beitrag von Kreatin zur Verbesserung kognitiver Funktionen wie Gedächtnis und Aufmerksamkeit abgegeben. Das Gremium konnte keinen Zusammenhang zwischen einer Kreatin-Ergänzung und einer verbesserten kognitiven Funktion feststellen.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Kreatin-Produkten achten?

  • In Nahrungsergänzungsmitteln liegt Kreatin meist als Kreatin-Monohydrat vor. Die Einschätzung einer möglichen Leistungssteigerung gilt nur für diese Stoffverbindung. Bei Kreatin-Variationen aus Malat, Ester, Citrat oder Pyruvat ist kein Vorteil gegenüber Kreatin-Monohydrat zu erkennen. Diese Verbindungen konnten noch nicht wissenschaftlich bewertet werden, da die Datenlage zu gering ist.
     
  • Manche Kreatin-Verbindungen gelten als Neuartige Lebensmittel  bzw. Zutaten, wie Kreatinmalat und Kreatin-Alpha-Ketoglutarat. Sie sind in der EU (bisher) nicht zugelassen. Damit sind Produkte gemeint, die in der EU vor dem Jahr 1997 praktisch nicht verzehrt wurden, auch nicht als Nahrungsergänzungsmittel. Sie benötigen im Gegensatz zu herkömmlichen Lebensmitteln eine Zulassung. Vorgeschaltet ist eine Sicherheitsprüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die Zulassung enthält dann die genauen Spezifikationen der Zutat und ggf. Mengenbeschränkungen. Das Verfahren läuft aktuell.
     
  • Obwohl Kreatin leistungsfördernd wirken kann, bedeutet dies weder, dass die Einnahme jedem Sporttreibenden nutzt, noch dass keine unerwünschten Wirkungen auftreten können. Verzehren Sie längere Zeit Kreatin, dann sinkt beispielsweise die Bildung dieses Stoffes in Ihrem Körper.
     
  • Zwar zeigen aktuelle Studien aus den USA , dass eine kurz- und langfristige Supplementierung (bis zu 30 Gramm / Tag für 5 Jahre) bei Erwachsenen sicher und verträglich ist. Bekannt ist jedoch, dass bei hohen Dosierungen und schlechtem Auflösen von Kreatinpulver die Gefahr von Durchfall und Erbrechen besteht. Auch Auswirkungen auf andere Organe werden diskutiert. In Nahrungsergänzungsmitteln werden laut GRAS-Notification der Food and Drug Administration (FDA) fünf Gramm Kreatin-Monohydrat pro Tag (= 4,4 g Kreatin) als sicher betrachtet. So wird es derzeit auch in Deutschland von der Arbeitsgruppe Sporternährung bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gesehen. Als ganz sicher gelten drei Gramm pro Tag. Auch der Wissenschaftliche Ausschuss der spanischen Agentur für Lebensmittelsicherheit und Ernährung kam 2024 zu der Ansicht, dass die Tageshöchstmengen von 3,41 g Kreatinmonohydrat und 3,84 g Kreatinhydrochlorid eine Tageshöchstmenge von 3 g Kreatin pro Tag ergeben und unter dem Gesichtspunkt ihrer Sicherheit bei der Verwendung als Nahrungsergänzungsmittel für eine gesunde erwachsene Bevölkerung akzeptabel sind.
     
  • Kinder und Jugendliche sollten ganz auf die Einnahme verzichten, da Auswirkungen auf den körpereigenen Hormonhaushalt nicht ausgeschlossen werden können, so die Swiss Sports Nutrition Society. Weitere Fachgesellschaften und europäische Behörden für Lebensmittelsicherheit weisen darauf hin, dass die Datenlage für Kinder und Jugendliche zu gering ist und belastbare Sicherheitsbewertungen nur für Erwachsene vorliegen.
    Die International Society of Sports Nutrition vertritt die Position, dass bei entsprechender Vorsorge und Überwachung die Supplementierung von Kreatinmonohydrat bei Kindern und jugendlichen Athlet:innen akzeptabel und eine Ernährungsalternative zu potenziell gefährlichen anabolen und arzneimittelähnlichen Substanzen darstellt. Sie sollte allerdings nur in Erwägung gezogen werden, wenn die jüngeren Athlet:innen ein ernsthaftes und überwachtes Wettkampftraining absolvieren, gleichzeitig eine ausgewogene und leistungsfördernde Ernährung zu sich nehmen, über eine angemessene Verwendung von Kreatin Bescheid wissen und die empfohlenen Dosierungen nicht überschreiten. Diese Position deckt aber nicht den Freizeitsport mit ab.
     
  • Personen mit bestehenden Nierenleiden oder Personen mit einem erhöhten Risiko für Nierenkrankheiten (z.B. Diabetes, Bluthochdruck) wird davon abgeraten, Nahrungsergänzungsmittel mit Kreatin ohne vorherige ärztliche Rücksprache zu verzehren.
     
  • Kreatin bewirkt, dass die Muskeln dem Körper Wasser entziehen, deshalb sollten Sie immer darauf achten, genug Flüssigkeit aufzunehmen. Durch Wassereinlagerung in die Muskelzellen steigt das Körpergewicht – gerade, wenn Sie Lauf- oder Spielsport betreiben, eher ein unangenehmer Nebeneffekt. Es erhöht sich der Druck in den Zellen. Dadurch kann Ihr Verletzungsrisiko ansteigen. Auch kann es durch die Wassereinlagerung zu vermehrten Krämpfen kommen.
     
  • Achten Sie bitte auf verlässliche Einkaufsquellen. Bei Bestellungen über das Internet bei unbekannten Anbietern im Ausland besteht ein Risiko, dass die Präparate mit Schwermetallen (wie Quecksilber), nicht zugelassenen Kreatinverbindungen oder verbotenen Zusätzen belastet sind. Eine spezielle Liste für Sporttreibende mit Nahrungsergänzungsmitteln, die auf im Sport verbotene Stoffe getestet wurden, präsentiert der Olympiastützpunkt Rheinland im Internet (Kölner Liste). Dabei wird allerdings nicht auf Schadstoffe geprüft.

 

Achtung: Aktuelle Untersuchungen haben gezeigt, dass am Markt (vor allem im Internet und auf Internetmarktplätzen) diverse mit anderen Substanzen gestreckte Kreatinprodukte verkauft werden, teilweise ist nur ca. ein Drittel der angegebenen Kreatinmonohydrat-Menge enthalten.

Das meiste Kreatin wird in Asien produziert, in Europa gibt es nur einen Hersteller. Dessen "sauberes" Kreatin findet sich häufig unter den Markennamen "Creapure" oder "Creavitalis" in den Produkten verschiedener Supplement-Hersteller.

 

Was ist Kreatin?

Kreatin ist eine Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindung, die im Körper in Leber und Niere mit Hilfe mehrerer Aminosäuren gebildet wird. Es spielt eine Hauptrolle im Energiestoffwechsel der Skelettmuskulatur, vor allem bei kurzzeitiger Muskelarbeit. Da der menschliche Körper Kreatin selbst aufbauen kann, muss es also nicht extra über Lebensmittel oder Pillen aufgenommen werden.

Kreatin kommt wie im menschlichen auch im Muskelgewebe von Rindern, Schweinen und anderen Tieren vor. Fisch und Fleisch weisen Gehalte von ungefähr 0,5 Gramm Kreatin pro 100 Gramm Lebensmittel auf. Besonders viel Kreatin steckt in hochwertigen Fleischteilen mit wenig Bindegewebe, wie Filet. Wer also Fleisch und Fisch verzehrt, nimmt zusätzlich Kreatin auf.

Hersteller von vegetarischen Fleischersatzprodukten planen daher den Zusatz von Kreatin zu ihren Produkten. Auch Milchersatzprodukte sollen mit Kreatin angereichert werden. In Kuhmilch sind allerdings nur geringe Mengen Kreatin enthalten, ungefähr 10 Milligramm pro 100 Gramm Milch.

Da Kreatin im Körper gebildet wird und über Fisch und Fleisch aufgenommen werden kann, ist eine Zufuhr nicht nötig. Für vegetarisch lebende Sporttreibende kann das anders sein.
Wenn Sie Kreatin-Präparate kaufen, dann achten Sie bitte auf verlässliche Einkaufsquellen, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben.

Zum Weiterlesen:

Kreatin zur Gedächtnis-Verbesserung?

 

Quellen:


Wang Z et al. (2024): Effects of Creatine Supplementation and Resistance Training on Muscle Strength Gains in Adults <50 Years of Age: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients 16 (21), 3665

Burke R et al. (2023): The Effects of Creatine Supplementation Combined with Resistance Training on Regional Measures of Muscle Hypertrophy: A Systematic Review with Meta-Analysis. Nutrients 15 (9), 2116

Lanhers C et al. (2017): Creatine Supplementation and Upper Limb Strength Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Med. 47 (1): 163-173

Kreider RB et al. (2017): International Society of Sports Nutrition position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine. J Int Soc Sports Nutr. 13;14: 18

International Society of Sports Nutrition (2017): Position stand: safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine, J Int Soc Sports Nutr 14:18

DOSB: Nahrungsergänzungsmittel Deutscher Olympischer Sportbund, 1. Auflage, Frankfurt am Main, Juni 2014

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EFSA (2024): Creatine and improvement in cognitive function: Evaluation of a health claim pursuant to article 13(5) of regulation (EC) No 1924/2006. EFSA Journal 22 (11)

AESAN (2024): Report of the Scientific Committee of the Spanisch Agency for Food Safety und Nutrition on the risk associated with the consumtion of food supplements that contain creatin as an ingredient. Food Risk Assess Europe 2 (4)

(EU) 2017/672 der Kommission vom 07.04.2017 zur Zulassung einer anderen gesundheitsbezogenen Angabe über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 432/2012, Anhang

Parr MK et al. (2017): Nahrungsergänzungsmittel im Sport – Sinn, Unsinn oder Gefahr? Bundesgesundheitsblatt: 05.01.2017

Swiss Sports Nutrition Society (2020): Supplemente Supplementguide A : Performance Supplement "Kreatin-Monohydrat"

Swiss Sports Nutrition Society (2018): Supplementguide "Hot topic Vegetarische Ernährungsweise im Sport"

Andres S et al. (2017): Creatine and creatine forms intended for sports nutrition. Molecular Nutrition & Food Research 61 (6)

GRAS Notice for Creatine Monohydrate. GRAS Notice (GRN) No. 931, 05.03.2020

Ziegenhagen R et al. (2020): Sicherheitsaspekte bei Nahrungsergänzungsmitteln im Sport. Ernährungs Umschau (2): M90-98

Jiaming Y, Rahimi MH (2021): Creatine supplementation effect on recovery following exercise-induced muscle damage: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Journal of Food Biochemistry 45 (19): e13916

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